Sonntag, 21. November 2010

Pralinenzeit

Die Weihnachtszeit naht. In den Supermärkten wird man schon seit Monaten dazu verführt, Süßes unter seinen Einkauf zu schmuggeln. Die ersten weihnachtlichen Lichterketten hängen schon in den Schaufenstern der Stadt, die Weihnachtsmärkte werden aufgebaut und riesige Sterne stehen auf der Fußgängerzone um in den nächsten Stunden von Fachmännern über der Straße installiert zu werden. Die ersten Weihnachtsgeschenke liegen in meinem Schrank gleich neben dem Dekokram, das im Laufe der Woche hübsch in der Wohnung platziert wird.


Hätte ich einen Ofen, hätte ich wohl schon die ersten Plätzchen gebacken, oder wenigstens Zimt-Muffins mit Zuckertannenbäumchen obenauf. Stattdessen kommen doch wieder drei Tafeln Schokolade und ein Becher Sahne in einen Kochtopf, ein paar Teelöffelchen feingehackte Chilischoten dazu - und schon ist sie fertig, die erste Ladung Pralinen in diesem Jahr. Ein Stunde in der kalten Küche (perfekt zum Pralinen rollen) und schon rollen 90 Chili-Pralinen durch Kakao und landen in einer Pralinenbox - ready zum Verzehr.

Sonntag, 14. November 2010

Der passende Platz fürs Bett

Den ersten Kontakt mit dem Berliner Wohnungsmarkt hatte ich mit der Serie "Berlin, Berlin". In einer Folge sucht Lolle, die Hauptdarstellerin eine Wohnung. Sie geht zu Wohnungsbesichtigungen und überall dabei: etliche Menschen. Damals dachte ich mir, dass das ja wohl sehr übertrieben sein muss. Im Februar diesen Jahres wurde ich eines besseren belehrt. Eine einzige Wohnung habe ich mit ganz alleine, unter persönlicher Führung angeschaut. Bei allen anderen mit dabei: etliche Menschen. bei jeder Wohnungsbesichtigung hatte ich mindestens 5 Mitbewerber, meistens eher 10, 15, 20 Leute. Viel zu viele, als das alle in die Wohnungen gepasst hätten und so standen immer welche auf dem Flur haben gewartet, bis die ersten wieder abgestaubt sind. Zur nächsten Besichtigung vermutlich. Bei mir ist es am Ende die Wohnung mit der privaten Besichtigung geworden.

Jetzt bin ich unzufrieden. Der Teppich macht mich krank. Der Boden knackt, dass ich Angst bekomme demnächst ein Stockwerk tiefer zu landen. Die seltsame ach-so-energiesparende-Heizung macht nur in einem Radius von 20 Zentimeter warm. Meine Waschmaschine steht in meinem Schlafzimmer, weil die Küchentür zu schmal ist. In meinem Bad gibt es keine Heizung. Ich habe alle, alle Möglichkeiten durch mein Bett umzustellen und kann immer noch nicht gut schlafen. Meine Küche ist kalt und ungemütlich. Ich habe nur zwei Kochplatten und keinen Backofen. Die Wände sind zu niedrig und das Fenster zu hoch.

Es gibt auch postitives an meiner Wohnung. Der große Balkon, der eigentlich die Erweiterung meines Zimmers ist, oder besser gesagt: er ist mein Wohnzimmer. Leider nur im Sommer begehbar. Ich habe einen begehbaren Kleiderschrank. Klein, aber es passt irgendwie. Nur die Schuhe, deren Anzahl ständig steigen, passen nicht rein.

Ich will eine Altbau-Wohnung. Mit hohen Wänden und großen Fenstern in der Küche. Ein Schlafzimmer und ein Wohnzimmer, in dem ich mir einen extra Nähbereich einrichten kann. Oder eine große Küche, in dem ich ein großes Sofa unterbringen kann und ein großes Schlafzimmer, in dem ich mein Bett umstellen kann sooft ich will, bis ich den perfekten Platz gefunden habe. Eine Küche mit mindestens drei Kochplatten und einem Backofen. Ein Spülbecken, in dem ich spülen kann, ohne jedes Mal ein großes Planschbad zu veranstalen.

Also geht sie wieder los, die Wohnungsbesichtigung gemeinsam mit etlichen anderen Menschen. Heute gab es die erste. Vor der Tür: 21 Menschen. Die Wohnung, im Gartenhaus, natürlich kleiner als auf den Bildern. Etwas dunkel, dafür das Schlafzimmer riesen groß. Ich male mir schon aus, welche Wand ich in meinem grün streichen kann. Die Küche dafür, schrecklich. Sie ist offen, und sähe der Herd nicht so aus, als würde er jeden Augenblick explodieren, wäre sie gar nicht so schlecht. Mit Schrank unterm Fensterbrett. Aber irgendwie macht es leider nicht "Klick". Schade, wenigstens das hätte ja jetzt mal funktionieren können. Also mach ich mich auf den Heimweg und versuche einen neuen Platz für mein Bett zu suchen, auf dem es noch nicht stand. Gibt es nicht. Also werde ich mich einfach mal verkehrt herum ins Bett legen.

Dienstag, 9. November 2010

Heimatbesuch oder: Mama ist die Beste

Es gibt fast nichts Schöneres, als sich Freitag abend nach einem anstrengend Tag im Büro in den Sitz eines ICE's zufallen, das Handy zu zücken und Mama anzurufen. „Ich sitze im Zug, wir sind pünktlich los gefahren, ich melde mich dann später nochmal, sollten wir doch Verspätung haben!“. Wenn man dann von dem Essen erzählt bekommt, dass auf einen wartet, auch noch um halb 12 abends, kann ich mich die ganze, lange Zugfahrt an der Vorfreude laben. Da machen mir auch keine nervigen, knutschenden Pärchen etwas aus, die mir gegenüber sitzen. Selbst die laute Musik meines Sitznachbarns verwandelt sich ein wenig in melodische Fahrstuhlmusik. Ich schlafe ein wenig träume von zu Hause und dem ganzen guten Essen.

Zu Hause angekommen, ist der Tisch extra für mich gedeckt, das Kotelett wird aus dem Ofen geholt und die Kartoffeln noch einmal angebraten. Im Kühlschrank steht frische Vollmilch, extra mit 3,8% Fett, weil ich die am liebsten trinke. Zum Frühstück am nächsten morgen werden frische Brötchen geholt, es kommen meine Lieblingswurstsorten auf den Tisch, und wir reden über....Essen.

Gleich nach dem Frühstück wird die Küche fertig gemacht für den großen Backtag. Zwei Kuchen, zwei Quiches – der Ofen läuft heiß, nebenher brutzelt schon das Mittagessen im Topf und ich mache mir Gedanken über meinen Geburtstagskuchen. Die Oma schaut immer wieder vorbei um nach dem rechten zusehen, überall einmal den Deckel hochzuheben, unter ein Handtuch zu spähen, vom Teig zu klauen oder kluge Ratschläge zu verteilen („Das ist zuviel Fett!“, „Ja, Oma, ich weiß. Aber soviel muss da rein, sonst schmeckt es nicht“, „Wenigstens ist es Butter“). Der dicke schwarze Kater sitzt auf dem Küchenstuhl vor der Heizung und schnuppert immer mal wieder verschlafen in die Luft, wenn der Ofen aufgeht oder der Deckel vom Topf mit dem Fleisch hoch gehoben wird.

Und schon ist der Samstag rum, der Sonntag wird mir langem ausschlafen, ausgiebigen Mittagessen und einer langen Unterhaltung über ...Essen bei meinem nächsten Besuch (Weihnachten) beendet und -schwuppsdiwupps- schon sitze ich wieder im Zug nach Berlin. Im Gepäck ein voll bepacktes Kehrpaket aus der Heimat von Mama mit 3,8%iger Fettmilch, Lieblingswurst, Rote Beete aus dem Garten, Brot und Brötchen, Reste vom Samstag- und Sonntagessen („Das ist viel zuviel geworden, davon musst du was mitnehmen“), die letzte duftende Rose aus dem Garten und ein Umschlag von Oma.

Donnerstag, 4. November 2010

U-Bahn-Fahrer

Ein gewöhnlicher Donnerstag in einer gewöhnlichen Woche im November. Der Tag war grau und nass und irgendwie warm. An den Bäumen hängen fast keine Blätter mehr, die die sich noch einsam im Wind wiegen sind ganz gelblich-braun und haben all ihren schönen herbstlichen Glanz verloren. Am Bahnhof stehen mehr Menschen als sonst. Es hat geregnet. In der U-Bahn drängen sie sich dicht an dicht, jeder Platz ist besetzt.

Da sitzt die Studentin, mit den Ohrschützern-ähnlichen-riesen-Hörern, einem Buch auf den Schoß, der Blick schweift immer wieder umher. Neben ihr sitzt die Geschäftsfrau mit der großen Aktentasche auf dem Schoß, das Eierphone in der einen Hand, das Notizbuch in der anderen. Dann klingelt das Telefon und "plapperdiplapperdiplapperplapper". Entnervt schielt der Professor neben ihr über seine französische Zeitung und die Lesebrille. Aus seiner Tasche lugt eine Thermoskanne mit einem "Atomkraft Nein Danke"-Aufkleber.

An der nächsten Station steigt die motz-Verkäuferin ein, die ihren gewöhnlichen Text, gewohnt monoton, aufsagt und heute sogar mal eine Zeitung los wird. Ein Touristenpärchen aus Bayern, die eigentlich ganz beschäftigt sind mit ihren U- und S-Bahn Plänen und damit, in welcher Bahn sie jetzt sitzen, haben sich eine Motz gekauft. Neben ihnen beruhigt eine junge Mutter ihr kleines Baby im Kinderwagen und erklärt ihrer Tochter auf dem Schoß auf Englisch, warum sie morgen wieder zur Schule muss. Derweil fängt das Baby an zu lachen, weil der hübsche junge Mann, der neben dem Wagen steht, Grimassen schneidet.

U-Bahn fahren in Berlin